Übung » Medizinisches und naturwissenschaftliches Grundverständnis

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Der Nervus Facialis ist für die Willkürmotorik des Gesichts verantwortlich und hat seine Ursprungsgebiete in den Großhirnrinden beider Hirnhälften. Er kann grob unterteilt werden in eine Pars kraniales und eine Pars kaudales. Die Pars kraniales innerviert (steuert) die Stirnmuskulatur und den Lidschluss, während die Pars kaudales die mimische Muskulatur im Mund und Nasenbereich steuert.

Die Fasern des Nervus Facialis laufen vom Ursprungsgebiet zu einem linken und einem rechten Nervenkern in der Pons. Hierbei teilen sich die Fasern der Pars kraniales kurz bevor sie die Kerne erreichen und laufen jeweils zu beiden Kernen. Das heißt, jeder Kern wird von beiden Pars kraniales versorgt. Die Fasern der Pars kaudales hingegen wechseln die Seiten und laufen jeweils nur zu einem Kern. Das heißt, die Fasern aus der linken Hirnhälfte laufen zum rechten Kern und umgekehrt.

Von den Kernen in der Pons aus ziehen die Fasern dann zu den Muskeln auf ihrer jeweiligen Gesichtshälfte und steuern diese. Vom linken Kern ziehen sie zur linken Hälfte und vice versa.

Eine klinisch sehr wichtige Unterscheidung ist, ob es sich um eine zentrale oder periphere Läsion (Verletzung) des Nervus Facialis handelt. Damit ist gemeint, ob sich die Läsion Im Großhirn (zentral) oder unterhalb (peripher) der Pons befindet.

Welche Aussagen lassen sich daraus ableiten?

  1. Bei einer zentralen Läsion in der linken Hirnhälfte ist der Lidschluss auf der linken Seite gestört und die mimische Muskulatur der rechten Gesichtsseite.
  2. Bei einer peripheren Läsion auf der linken Seite ist sowohl der Lidschluss links als auch die Muskulatur um den Mund betroffen links.
  3. Bei einer zentralen Läsion in der rechten Hirnhälfte ist der Lidschluss erhalten, aber die mimische Muskulatur im Mundbereich der linken Seite ausgefallen.
  4. Eine zentrale Läsion ist viel schlimmer als eine periphere Läsion.

Zum besseren Verständnis solltest du eine kurze Zeichnung zum Verlauf der verschiedenen Anteile des N. Facialis anfertigen:

Aussage I: In der ersten Aussage geht es um eine zentrale Läsion in der linken Gehirnhälfte. Wie dem Diagramm zu entnehmen, wird der Lidschluss von beiden Hirnhälften innerviert. Insofern ist hier kein Ausfall zu erwarten. Der Ausfall der mimischen Muskulatur auf der rechten Seite würde allerdings auftreten. Da in der Aussage allerdings auch ein Ausfall des Lidschlusses erwähnt wird ist sie nicht korrekt.

Aussage II: Von einer peripheren Läsion spricht man, wenn die Läsion unterhalb der Kerne in der Pons liegen. Die Kerne der Pons innervieren auf der jeweiligen Seite sowohl Stirnmuskulatur, Lidschluss als auch die mimische Muskulatur. Es kommen keine Anteile von der anderen Seite. Insofern ist ein Ausfall von beiden auf der Seite der Läsion zu erwarten. Diese Aussage ist korrekt.

Aussage III: Da der Lidschluss auf jeder Seite von der Pars kraniales beider Hirnhälften innerviert wird, ist bei einer zentralen Läsion in nur einer der Hirnhälften hier kein Ausfall zu erwarten. Die mimische Muskulatur wird allerdings von der Pars kaudales des N. Facialis innerviert. Dieser wechselt die Seite und kommt nur von einer Hirnhälfte. Insofern ist mit einem Ausfall der mimischen Muskulatur auf der Gegenseite zu rechnen bei einer zentralen Läsion. Da hier die Läsion rechts liegt, muss der Ausfall links liegen. Diese Aussage ist korrekt.

Aussage IV: Man könnte erwarten, dass eine Läsion in einer zentralen Hirnregion viel schlimmer ist als in einer peripheren. Allerdings wird dies im Text nicht erwähnt. Insofern ist diese Aussage nicht ableitbar.

Antwort b) ist korrekt.